„O ihr Götter der Unterwelt (der unter der Erde gelegenen Welt): Ich habe mich nicht
entschlossen zu euch zu gehen um euer Reich (eure Reiche) zu sehen, nicht um den Cerberus,
das entsetzliche Untier, zu fesseln und ans Tageslicht zu tragen. Grund für mein Kommen ist die Gattin, die ich eben verloren habe. Dieses Unglück wollte ich tragen, ich hoffe es
ertragen zu können, doch ich vermochte es nicht. Ich habe es nicht getragen, die Liebe hat
gesiegt. Daher wende ich mich mit Bitten an euch, dass ihr mir Eurydike zurückgebt! Wenn sie
genügend lange gelebt hat, wenn sie die Jahre, die ihr zustehen (die gebührenden Jahre), vollendet
hat, wird sie ohne sich zu sträuben hierher gehen, wohin wir Sterblichen alle gehen
müssen. Ihr übt nämlich die längste Herrschaft über die Menschheit aus.
Wenn ihr mir die verstorbene gattin zurückgebt, werde ich eure Güte stets preisen.
Wenn ihr aber meine Bitten nicht erhören wollt, werde ich nicht mehr zum Tageslicht
zurückkehren. Freut euch dann am Tod von uns beiden!“
So rührte Orpheus mit lieblichem Gesang (mit süßer Stimme singend) das Herz
Proserpinas; auch den König der Toten rührten die Worte des Sängers (des Singenden). Weinend
standen die toten Seelen, und weder schnappte Tantalus nach dem entfliehenden Wasser noch wälzte Sisyphus seinen
Felsblock. Proserpina aber gab Orpheus die Gattin unter folgender bedingung
zurück: „Wenn du auf dem Rückweg (zurückkehrend) dich umblickst (die Augen wendest) und Eurydike
ansehen willst, bevor du noch dieses Reich verlassen hast (aus diesem Wohnsitz fortgegangen
bist), wirst du sie sogleich verlieren!“
Schon macht sich Orpheus auf den Rückweg (geht…zurück) mit der gattin, die wegen ihrer
Verletzung langsamer geht, schon nähern sich sich dem Rand der Erde, als jener aus allzu großer
Liebe sich umsieht (die Augen wendet) – und sogleich entschwindet Eurydike, seine geliebte Gattin!
Als Orpheus wiederkam, wollte ihn Charon kein zweites Mal übersetzen. Trozdem soll er sieben Nächte dort geblieben sein, eher er nach Thrakien zurückkehrte.