„Mich erfüllt die große Hoffnung, ihr Richter, dass mir etwas Gutes geschieht,
wenn ich in den Tod geschickt werde. Denn entweder nimmt uns der Tod jegliche Sinneswahrnehmung oder wir müssen uns von hier an einen anderen Ort begeben.
Angenommen uns werden die Sinneswahrnehmungen genommen und der Tod
ist einem besonders tiefen Schlaf ähnlich, ihr guten Götter, was für ein Gewinn ist es dann zu
sterben und wie viele Tage kann man finden, die man dieser Nacht vorziehen dürfte! Wenn ihr alle
künftige Zeit vergleichbar ist, wer ist dann glücklicher als ich? Wenn aber wahr ist, was
man sagt, dass nämlich der Tod ein Übergang sei in den Raum, den die
Verstorbenen bewohnen, dann ist das noch viel erfreulicher.
Denn wenn ich von euch fortgegangen bin, die ihr als Richter gelten wollt, dann werde ich zu denen kommen, die sich wirklich/zu recht Richter nennen können,
zu Minos, Rhadamanthys und Aiakos, und werde mit denen zusammentreffen, die gerecht und
ehrlich/aufrichtig (in Ehrlichkeit) gelebt haben.
Wie viel ist es eurer Ansicht nach aber wert, dass ich mit Orpheus, Hesiod und Homer mich
unterhalten kann? Ich wollte jedenfalls, wenn das geschehen könnte, oft sterben um
das, wovon ich spreche, sehen zu dürfen. Ich würde sowohl die Klugheit des Sisyphos als auch die
des Odysseus auf die Probe stellen und deswegen nicht zum Tod verurteilt werden, wenn ich das
hereuszubringen suchte, was ich hier versucht habe. Nicht einmal ihr Richter, die
ihr für meinen Freispruch wart, braucht den Tod zu fürchten.
Denn einem guten Menschen kann nichts Böses widerfahren, weder im Leben noch
im Sterben, und nie werden die unsterblichen Götter sein Tun und Lassen übersehen.
Ich habe aber keinen Grund denen böse zu sein, von denen ich angeklagt und verurteilt wurde,
außer dass sie glaubten mir zu schaden.
Doch es ist Zeit zu gehen, für mich, damit ich sterbe, für euch, damit ihr weiterlebt.
Was davon aber besser ist, das wissen die unsterblichen Götter; von den Menschen weiß es meiner Meinung nach niemand.“